Der Bericht

Kann oder besser will man mit einem Elektromotorrad durch die ganze Republik reisen, von Sylt bis zur Zugspitze? Wie und wo soll man tanken? Steckdosen gibt es zwar genug und auf jedem Bauernhof, in jedem kleinen Dorf – doch wie ist das, wenn man fremde Menschen unvermittelt nach Strom fragen muss? Und das drei oder viermal am Tag – denn nach einer Stunde Fahrzeit bzw. 40-50 Kilometer Strecke ist der Motorrad-Akku leer.

Das rheingold Institut möchte die neue Elektromobilität hautnah erleben, quasi Marktforschung aus erster Hand betreiben. Darum schicken wir einen Psychologen mit 10 Kilo Gepäck und einem Navigationsgerät auf die Reise. Von ganz oben nach ganz unten, von Steckdose zu Steckdose und ohne zu wissen, wann er wo ankommt und wie er wo empfangen wird. Als mutigen Mobilitäts-Visionär oder hoffnungslosen idealistischen Ökorocker?

rheingold wollte erforschen, ob Elektromobilität schon alltagstauglich oder nur etwas für Idealisten ist. Wie steht die Bevölkerung dieser neuen und noch unkonventionellen Art der Fortbewegung gegenüber? Wird das Strom-Motorrad eher belächelt oder steht die Bevölkerung alternativen Fortbewegungsmöglichkeiten offen und interessiert gegenüber?

Am 9. Mai startete die Tour durch Deutschland, in List auf Sylt. Und schon ca. 12 Tage später erreichte das Motorrad mit der Zugspitzbahn Deutschlands höchsten Berg. Jeden Tag wurden also rund 150-180 Kilometer bewältigt. Mit jeweils zwei bis drei „Tank“- bzw. Aufladepausen am Tag ging es durch die Republik. Denn mehr als 50 bis 60 Kilometer am Stück schafft der Akku nicht – bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von deutlich weniger als 40 km/h.

Um eins klar zu stellen: Die Tour war nicht gedacht als Werbefahrt für den Hersteller eines Elektromotorrads. Es geht um kritische Marktforschung mit Elementen der Selbsterfahrung. Ein modernes Abenteuer. Mit offenem und ungewissem Ausgang.

Motivation

Deutschland per Steckdose – Warum?
Elektromobilität ist in aller Munde und soll noch in dieser Dekade in Deutschland weite Verbreitung erfahren. Doch halt – wer hat eigentlich schon mal so ein Gefährt bewegt? Wer hat in beiden Bedeutungen des Begriffs ‚Erfahrungen’ damit sammeln können? Es gibt sicherlich schon einige Testberichte 2- oder 4-rädriger Elektro-Fahrzeuge. Auch unternehmen manche Hersteller Demo-Fahrten, um die Leistungsfähigkeit und Alltagstauglichkeit ihrer Produkte zu betonen. Aber wie sieht es für den Normal-Verwender unter Normalbedingungen aus? Ist das schon mal unternommen worden? Fenab von PR-Ralleys mit mitreisenden Strom-Generatoren auf Begleit-LKWs? Oder als rein innenstädtische Lösung, wo noch fragwürdig ist, ob und wie viele Menschen ‚nur’ für den Stadtverkehr überhaupt solch eine ‚Lösung’ wollen. Zumal die Renommier-Ladestationen der großen Stromunternehmen wohl hoffnungslos überlastet sein dürften, wenn mehr als 10 Fahrzeuge pro Tag deren Hitec-Schnelllade-Steckdosen in beschlag nehmen.

Hier also die Hitparade der besten Gründe, warum es höchste Zeit für einen ‚furchtlosen Selbstversuch’ à la DPS wird!

  1. Ist die Technik heute schon ausgereift, belastbar und stress-resistent, um bei jedem Wetter und unterschiedlichen Streckenverläufen zuverlässig zu funktionieren? Meine Wahl fiel auf die Quantya Strada Evo1, eines der ersten Elektromotorräder in einer Supermoto-Version mit Strassenbereifung. Ich ließ sie völlig serienmäßig – kein Tuning, keine Extrabatterie etc. Mit 2,4, KW/H in einer modernen Lithium Polymer ‚Batterie’ habe ich ausgemessene 50+x Kilometer Reichweite – aber nur bei sehr zögerlichem ‚Gas’-Gebrauch, ohne längere Steilanstiege dazwischen oder gar flotte Ampelstarts (die aber – nicht desto trotz – viel Spaß machen;-)). D.h. nach spätestens jeweils 45km MUSS ich eine Stromnetzanbindung (220V; mind. 20A abgesichert) finden und für ca. 90-120min. ‚tanken’. Keine Reserve, kein Trick können mich dann noch retten. Ich muss also wohl oder übel Privat- oder Geschäftsleute ansprechen, nett und freundlich um eine Stromspende bitten (die ich dann auch bezahle werden, ist doch klar). Das führt direkt zu Grund 2…
  2. Wie werden die Menschen an der Strecke reagieren? Wie die Leute, die ich direkt anspreche und um Strom bitte? Ein Kernstück der Tour: die Kommunikation. Ich habe die wichtigsten Statements, Reaktionen und Meinungen aller Menschen, denen ich begegne, konserviert und aufgezeichnet (per Kamera oder Kuli) und damit so eine Art kleine ‚studie on the go’ bzw. einen ‚RoadResearch’ betrieben. Kritik sollte dabei ebenso zu Wort kommen wie Lob, Neugier, aufkommende Fragen, Zweifel oder Begehren (‚haben-wollen’). Die Menschen sollten sich über die Maschine, ihren Piloten, die Technik und ihre Haltung dazu möglichst ausführlich äußern. Eins weiß ich dabei schon aus früheren Touren mit ‚Motor’-Rädern. Man ist als Biker nah dran an den Menschen, kommt schnell ins Gespräch und trifft fast immer auf Neugier und Sympathie. Klar will ich das nutzen – und damit sind wir auch beim Fahrer selbst und unserem Grund 3.
  3. Wie ergeht es dem Fahrer, der für mindestens 10 Tage nicht nur den Wetterkapriolen und einer harten Sitzbank, sondern auch dem Wohlwollen und der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ausgesetzt ist? Dazu noch dem Zwang, elend langsam zu fahren, nicht zu arg zu beschleunigen, jede Steigung zu meiden etc. (also all die Dinge die das ‚Mopedfahren’ so klasse machen, nunmehr zu fürchten).Zum Selbstversuch gehört die Selbstbeobachtung. Gibt es eine neue Art Spaß zu entdecken. Bekomme ich ‚et ärme Dier’ (also den Blues, Katzenjammer)? Kann ich nach der Tour noch ‚ja’ sagen zu diesen neuen Bedingungen der Mobilität und des Fort-Kommens? Oder will ich nix sehnlicheres als möglichst schnell die Kiste in den nächsten Graben werfen? Womit wir bei Grund 4 sind.
  4. Welche Erkenntnisse aus DPS sind generalisierbar für eine Einschätzung von Chancen und Grenzen der neuen Mobilitäts-Art? Was lässt sich über den technischen Teil sagen? Hält der? Bewährt er sich? Was ist mit dem Laden? Welche Kniffe kann man auf einer Reise (er-)finden, um mit dem ungewohnten Rhythmus Fahren -Lange Halten – weiter Fahren klar zu kommen? Wobei ja hier das Intervall willkürlich gesetzt ist. Was wäre bei größeren Reichweiten (wobei ja dann die notwenig längere Ladezeit der dann größeren Batterie einen Zwischenhalt immer zu einem Langzeit-Stopp ausdehnt usw.). Kommt vielleicht als Ergebnis ein Katalog von Bedingungen heraus, die für eine erfolgreiche Einführung der neuen Technik erfüllt sein müssen? Und: kann man Tipps für die weitere Einführung und Verbreitung formulieren, welche ein PR-Desaster wie jenes bei der Einführung des unseligen Spritgemischs E10 vermeiden helfen können?
  5. Gruß an meinen Vater. Auch dies sollte nicht verschwiegen werden. DPS ist wohl auch eine Art, meinem 1997 verstorbenen Vater zu gedenken. Gerhard Grüne war gelernter Elektriker und ein begnadeter Universal-Handwerker, der sehr geschickt viele weitere Gewerke auszuführen verstand. Davon habe ich leider nicht allzu viel ‚geerbt’. Allerdings vielleicht doch eines: die generelle Liebe zur Metall-Verarbeitung, zur Mechanik und zu allen Formen interessanter, neuer oder origineller Techniken. Damit setze ich also doch – irgendwie – eine Tradition fort. Umso besser! Und danke an Gerhard Grüne!

Die angestrebten Ziele dieses ‚Selbstversuchs in Bewegung’ waren diese:

  1. Die Besonderheiten und Zuverlässigkeit der Technik sowie des Fahrens als ‚mobiles Erlebnis’ erkunden.
  2. Die Reaktionen der Umwelt aufnehmen: wie betrachten die Menschen an der Strecke (Passanten am Streckenverlauf, Gäste in Gasthäusern und Hotels, die vielen freiwilligen ‚Stromgeber’ etc.) diese neue Mobil-Form – welche Fragen werden gestellt und welche Statements bezüglich Forderungen oder auch Begehrlichkeiten werden abgegeben
  3. Wie ‚fühlt’ sich elektrisches Fahren für den Fahrer/Piloten an? Welche Stimmungen, Emotionen und ‚Zustände’ werden erlebt, genossen und/oder durchlitten?
  4. Welche Rückschlüsse lassen sich ziehen in folgenden Punkten: Do’s und Don’ts für Hersteller, Handel und Entwicklung, Positionierung in bestimmten Zielgruppen, weiterführende Ideen für die Fahrzeug-Entwicklung sowie die unterstützende Logistik und Einführung.

Am 20.5. waren das Ziel und auch die Ziele der Tour erreicht. Nach insgesamt 1.463 km, 55 Stunden im (harten und unbequemen) ‚Sattel’, nach 3 Packungen Aspirin, vielen Gesprächen mit Passanten und Zufallsbegegnungen auf der Stecke, an der Pausen- bzw. Etappenstationen sowie weiteren intensiven Eindrücken zum elektrischen Fortbewegen wurde der Zugspitzgipfel gegen Mittag erreicht.

Angekommen auf der Zugspitze

Angekommen auf der Zugspitze

Hier also jetzt der live-Bericht von der Strecke – wie er jeden Tag in einem Blog niedergelegt wurde…

Tag 0 – Der Start auf Sylt (Prolog)

Vor dem Leuchtturm in List auf Sylt

Vor dem Leuchtturm in List auf Sylt

Alles beginnt mit einer kleinen Geste. Heute war es also soweit: wir (meine Frau Debbie im Mietwagen, ich auf der Quantya vorneweg) unterwegs zum Ellbogen bei List, dem nördliche Ende der Republik. Dort angekommen, checkte ich die Daten: die Quantya hat derzeit 837 kms auf der Uhr, dazu ca. 25Stunden Betrieb hinter sich. Diese Daten werde ich jetzt jeden Tag updaten, um die Übersicht über alle Fahrparameter zu behalten. Symbolisch sind wir jetzt also offiziell auf der Tour!
Zur Fahrt: es war sonnig, stürmisch und eigentlich auch sehr heiss. Nur dass man davon erstmal nichts merkte, bis am Abend dann die Gesichtshaut dermaßen brennt, dass es schmerzt. Die Quantya machte, was ein E-Motorrad tun soll. Rollt mit straßenbahnähnlichen Geräuschen vor sich hin. Und ist noch namenlos.
Eigentlich schätze ich es, meinen Motorrädern Namen zu geben. Nur so. Um nett zu sein um nicht immer sagen zu müssen: die Dingsda hat schon wieder Luft am Hinterreifen verloren…

Einmal volltanken bitte.

Einmal volltanken bitte.

Nun also die oder das Quantya. Sollte ‚sie’ etwa Elektra heißen? Etwas einfallslos. Oder Wattwurm? Ganz spannend, beginnt die Reise doch am Wattenmeer. Und Watt brauchen wir definitiv, in rauen Mengen!! Aber ob man solche Spitzfindigkeiten noch in Hodenhagen (Niedersachsen) oder gar in Neustadt an der Aich (Bayern/Franken) versteht? Ich dachte auch schon mal an ‚Uhrwerk (oder gar Agent?) Orange’. Sie läuft ja ähnlich einem Uhrwerk, und viele Komponenten sind farblich in Orange gehalten (für Fotokontraste. Und weil es meine Lieblingsfarbe ist…). Schließlich kam mir Obervolta in den Sinn – das wäre doch was. Mit diesem Namen integriere ich zugleich kritische Gedanken an die mangelnde Energieversorgung in der Dritten Welt. Tja, stark. Oder doch eher albern. Ampirie würde die Strom-Benennung mit meinem empirischem Anliegen zusammen bringen. Wow. Aber irgendwie muss ‚sie’ sich ihren Namen wohl erst noch verdienen. Ganz zufrieden stellen mich die bisherigen Überlegungen eben doch nicht.

An der ersten "Tankstelle"

An der ersten "Tankstelle"

Zum sonstigen Tagesgeschehen: nach dem Ellbogen weiter nach List. Voll-‚Tanken’ im Lister Fischhaus (nette Leute da). Leider fiel wegen dem Sturm der Helm vom Mäuerchen, mit ihm die Helmkamera, deren Arretierung zerbrach – schade, erstmal keine Helmaufnahmen möglich ;-(
Der Prolog war also nicht mehr als eine Aufwärmrunde ohne wirkliche Herausforderung – weder für das Sitzfleisch des Fahrers noch für die Stromversorgung. Derzeit also noch Tourist. Aber ab Montag morgen in der grausamen Wirklichkeit bundesdeutschen Alltagslebens. Obs klappt? Ob ich auf ‚Flow’ komme? Ob sich immer helfende Hände und Stromleitungen finden?

Tag 0: ca. 35kms; 70 Minuten Fahrzeit. Vorkommnisse: nada! Naja: schön wars!

Tag 1 – Sylt bis Brunsbüttel

Busenwurth zwischen Heide und Brunsbüttel

Busenwurth zwischen Heide und Brunsbüttel

‚Brunsbüttel ist total ausgebucht! Tja: Der Tourismus!! Sagte die nette Dame im ersten Hotel, dass ich gegen 20 Uhr anlief – mit ca. noch 10 Rest-kms auf der Batterie… ‚Fahren Sie doch nach Itzehoe’ schlug sie lächelnd vor – leichter gesagt als getan… 30 km mindestens, dazu ab von der Strecke. Und es ist draussen schon zappenduster. Mist. Dass Oma Gosch am Deich dann doch noch ein Dachzimmer frei hat für durchreisende Elektrofahrer ohne Aussicht auf eine letzte Abend-Ladung – das machte dann am Ende doch den Unterschied zwischen einer Nacht im Bahnhof und einem Happy End beim leckeren Italiener. Wenn auch mit leichtem Aufreger.

Die Tour heute: Spät ab von Niebüll. Autozugprozedere zieht sich. Und die Verabschiedung von der lieben Frau, die mit Mietwagen und später dem Flieger die Heimreise antritt, dauert halt auch was länger! Dann aber nach Husum, der schönen Stadt im zentralen Nordfriesland.

Laden bei Jaqueline

Laden bei Jaqueline

Laden nach dem ersten ‚Turn’ in der Altstadt im Cafe Jaqueline. Überhaupt: Alle Menschen die man trifft, anspricht oder um etwas bittet, sind freundlich, nett und hilfsbereit. Geklönt mit den Gäste auf der Terasse, natürlich übers E-Fahren und das/die Quantya. Die übrigens noch auf einen Namen wartet. Der von einer freundlichen Mailerin angebotene Name ‚Rosinante’ gefällt zwar, war aber schon mal an eine treue BMW R1100RT (in der Kurzform ‚Rosie’) vergeben. Also weitersuchen. E-Sel steht noch in der Verlosung. Mir persönlich gefällt auch Volta-Ren. Schon wegen den jetzt schon argen A…-Schmerzen.

Also wurde geklönt. Und Passant Ronald gab einen Super-Kommentar zum fehlenden Sound bei E-Fahrzeugen ab!

Um hiermit die Diskussion zu eröffnen: Brauchen E-Mobile ‚Sound’ (besonders die 2 Rädrigen)? Als Sicherheits-Feature? Als Brunftgesang der Ewig-Jugendlichen ‚Aufdreher’? Als Freiheits-Fanfare? Oder kann es auch schön sein: Zu gleiten, flüsternd und schwebend? Per Fahrradklingel den Leuten ‚schonend’ von der eigenen Vorbeifahrt zu künden? Überhaupt die Fahrradklingel. Die habe ich noch kurz vor dem Start drangeschraubt. Und sie wurde irgendwie ganz schnell zu einer Art Symbol für die Fahrt, das Vehikel und den Modus des leisen, für andere praktisch ungefährdenden Reisens. Wer klingelt, ist gemütlich unterwegs. Wer hupt, hat mehr Schmackes drauf, wirkt schneller, gefährlicher, erschreckt die Leute. Klingeln beruhigt. Ich bin froh, eine Klingel zu haben.

Laden am WC

Laden am WC

Weiter gings: Von Husum zum Eider-Gezeitenwerk. Dort den Strom direkt aus dem Toilettenhäuschen gezogen. Irgendwie: Bio. Auch hier: Gute Gespräche – mit mir als temporärem Klomann, der vor der Lokustür auf sein Volta-Ren acht gab. Schräg.

Dann sollte es in einem Rutsch nach Brunsbüttel durchgehen – 55 km wären drin gewesen. Wären. Hätte ich noch 30 Minuten den Klomann gespielt. So war Ebbe vor Marne.

Herr J. und sein Hof

Herr J. und sein Hof

Und es schlug die Stunde der Bauern-Famlie J. Geklingelt, gefragt und ‚eingedost’. Schnell, freundlich, unaufgeregt. Und Herr J. stellte sich noch eine halbe Stunde zum Fachsimpeln zum Lade-Gespann an die Scheune. Ach wie schön ist Dithmarschen! Herr J. zeigte auch noch stolz seine XT 600. ‚Noch ist es ein Verbrenner!’
Es geht also voran. Alles läuft, panta rei. Morgen über die Elbe (bei Glücks(!)Stadt) und weiter nach Bremerhaven. Ab da weserhoch nach Süden. Obwohl: Die Sonne scheint auch schon im Norden exzellent!

Tag 1: Ca. 136 km (43+36+35+22); 260 Minuten Fahrzeit. Vorkommnisse: 2x gewerblich, einmal privat ‚getankt’.

Tag 2 – Brunsbüttel bis Basdahl

Happytown Beachclub

Happytown Beachclub

Happytown Beach Club. Das sich hinter diesem glorreichen Namen eine Container-Imbissbude am Fähranleger von Glückstadt verbirgt – da muss man erst mal drauf kommen! Danke der netten Bedienung für Bewirtung und Be-Stromung jedenfalls. Ich wollte die Fähre schon früh um 10 Uhr erwischen und habe vor Eile vergessen, meine Visitenkarte dort zu lassen (auf dass man die Tour von DPS weiter verfolgen kann!). Also: Wer die Leute da kennt oder mal vorbeikommt: Viele Grüße und meine Webadresse www.deutschland-per-steckdose.de nachträglich!

Schön war auch der Stop in Odisheim (what a name!) auf der ‚Siedlerland’-Seite der Elbe. Im Gasthof von Heinz Bock gab es Becks alkoholfrei sowie jede Menge Klönschnack über gefangene Schuppen-Barsche und die Bürgermeistersprechstunde jeden Dienstag um 11 Uhr bei Krombacher und Plattdüütsch. Auch mal was Neues.

Heinz Grüne bei Deutsche See

Heinz Grüne bei Deutsche See

Der Nachmittag war Bremerhaven und der Deutschen See gewidmet. Wat mut dat mut! Die Herren Lauber, Kremer und Backhaus sowie einige andere liebe Leute dort empfingen mich herzlich und gaben, was sie konnten. Suppe, Tee, Wasser und Elektrizität.

Heute habe ich den ersten Video-Post zum Thema E-Fahren im Dauerbetrieb gemacht. Da gibt es tatsächlich einiges zu besprechen. Ich will mich vorläufig mal als ‚kritischen Befürworter’ dieser Technik titulieren. Obwohl: Zu kritisieren gibt es da schon einiges. Aber lassen wir uns Zeit und die Eindrücke auf uns wirken!

Eine Frage möchte ich aber schon mal hier und heute beantworten. Warum gerade Quantya?

Einfach deshalb: Die oder das Quantya kenne ich nun schon seit knapp 3 Jahren. Obwohl eher geländeorientiert, weist die Strada einige Alltagstauglichkeit auf. Sie ist in ihrem Segment ausgereift und vielleicht die einige derzeit ernst zu nehmende E-Serienmaschine. Zudem konnte ich im Quantyapark Unna bei den MX Friends um Oliver Raukohl (danke an ihn für den stets kompetenten Support!!) erste Erfahrungen auf der Crossstrecke sammeln, ehe ich mein eigenes Exemplar im Herbst 2010 erwarb.

Laden am Gasthof Bock

Laden am Gasthof Bock

Weder arbeite ich für Quantya noch werde ich gesponsert noch sonst irgendwie beeinflusst. Ich kenne niemanden der Verantwortlichen der Firma. Auch liegt es mir fern, mit dieser Tour das/die Quantya zu testen und ihre Eignung für solch eine Tour zu prüfen. Sie ist ganz klar zu diesem Zweck von mir präpariert – also zweckentfremdet worden! Mir geht es ums Generelle. Doch dazu muss man was Konkretes fahren. Deshalb Danke an Quantya – einfach weil es sie gibt!

Tag 2: ca. 158 kms (32+44+42+40); 280 Minuten Fahrzeit. Vorkommnisse: Den Preisträger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2010 besucht (Deutsche See in Bremerhaven).

Tag 3 – Basdahl nach Bückeburg

Heute Start im Regen

Heute Start im Regen

O wie groß ist Niedersachsen!
Wie soll man da etliche ‚Strom-Kilometer’ machen, wenn es morgens um 8 aus Kübeln pladdert? Hilft nix – wird eben ein Tag für die ganz Harten! Also den ganzen Kram in die Taschen gepackt und dem schönen Klusterhof in Basdahl adé gesagt. Das Pladdern hielt knapp eine Stunde bis Tarmstedt. Sonne raus, Meister Pfeiffer stellte die gesamte Werkstatt als Ladezone zur Verfügung (und gab noch eine schöne Videobotschaft mit auf den weiteren Weg).

Ladezone bei Motorradteil Link

Ladezone bei Motorradteil Link

Dieser führte uns nach Blender bei Verden (Aller). Dort betreibt Frank Link seinen Handel mit gebrauchten Motorradteilen. Das war was für meines Vaters Sohn! Gefragt, geladen, geklönt, Kette geschmiert, für den verlängerten Rücken auf der holzharten Sitzbank einen Haushaltschwamm zum Abfedern untergelegt… Ein perfekter Boxenstopp, so als hätte Frank schon seit Jahren einen Service für Elektro-Geschädigte. Dabei ist er zwar aufgeschlossen, aber generell skeptisch ob der Chancen der neue Techniken. Darüber redet auch er in einer interessanten Videobotschaft.

Immer entlang des Wassers

Immer entlang des Wassers

Weiter bis Stolzenau zur Gelateria, Ristorante und Café Martino. Gefragt, getan: Schon hing ‚das’ Quantya an seiner orangenen Saft-Strippe und ich mit dem Kopf über der Spaghettischüssel. Herr und Gescherr bei der Nahrungsaufnahme Seit’ an Seit’. Die letzten 35 Kilometer nach Bückeburg zum Schäferhof dann in der Abendstimmung entlang der Weser, über Felder und an Dorfidyllen vorbei. Irgendwie so muss sich der liebe Gott das gedacht haben, als er den perfekten Tag für Elektro-Motorradfahrer erfinden wollte….

‚Eigentlich’ wollte ich heute so richtig abledern. Etwa so: Die Angst (Stehenzubleiben) fährt immer mit. Das ständige Starren auf die ‚7 Leuchtdioden des Grauens’. – oder die ‚7 Lampen des Lasters’. Die Befürchtung, der Motor (und damit die ganze E-Mobilität) ‚stirbt’ jeden Moment einen ‚sudden death’. Der ultimative Elektroschock, sozusagen. Und dann dies! Es reifte nämlich folgende Erkenntnis: Wenn die Reichweite (immer geht es um die Reichweite, zumal da diese eng verbunden mit der Not des Ladens – das dauert nu mal schier ewig und drei Tage (90-120min). Die 2,5kw/h des Quantyas reichen bei durchschnittlich 40 km/h für knapp 45 km, bei 50 für nur noch 40, bei 60 für 30 usw. Das macht ganz schön kirre und man hat ständig ein schlechtes Gewissen, zu schnell und damit noch ‚kürzer’ zu fahren.

Blick auf die 7 Dioden des Grauens

Blick auf die 7 Dioden des Grauens

Doch dann kam mir heute ganz allmählich ein Paradigmen-Turn-Around in den unbekümmerten Sinn. Wenn denn die Reichweite nach ‚oben’ fast exponenziell (naja, nicht ganz…) abnimmt, dann nähme sie doch nach ‚unten’ ebenso bombig zu! Wäre dann ja sogar irgendwann quasi unendlich! Also ‚quasi’ im rheinischen Sinne – nicht wirklich, aber fast.

Also machte ich die Schleichprobe: bei 35er Schnitt noch bei 50 kms gut im (Leuchtdioden-)Futter. 30er bei 55, 25er gar bei…? Könnte es sein, dass ich bei 25km/h – also einer Geschwindigkeit im Mikrobereich, in der sub-atomaren Zone für Speedfreaks sozusagen – gar an die 100 km komme? Die ich wahrscheinlich meinem verlängerten Rücken gar nicht zumuten kann (also 4h Fahrt; und die ohne zu laden!). Ich damit aber meinen bisherigen Rhythmus von drei auf zwei Ladevorgänge reduzieren könnte und somit die heutigen knapp 180 km gar noch TOPPEN kann? (Fortsetzung folgt – es wird weiter probiert und berichtet. Von der Langsamkeit, den Problemen dieser, aber auch ihren schönen Seiten…). Es dämmert heran der Slogan für die gesamte Tour: Wer langsamer fährt, kommt bei der E-Mobilität schneller ans Ziel. Oder andersrum: wer schneller fährt, bleibt früher stehen….

Der Bezwingung der Leuchtdioden-Dämonen auf der Spur. Das verspricht immerhin: Spannung!

Tag 3: ca. 177 km (36+46+58+37); 330 Minuten Fahrzeit. Vorkommnisse: Den Paradigmenwechsel probiert: Wer langsamer fährt, kommt schneller weiter.

Tag 4 – Bückeburg nach Bad Karlshafen

Weserufer mit Auerochsen

Weserufer mit Auerochsen

Vom Weser der Sache.
Auf die (leidige?) Reichweiten-Geschwindigkeits-Index-Diskussion von gestern gehe ich zu einem anderen Zeitpunkt noch mal näher ein. Warum? Heute war ein ‚untypischer’ Tag. Viel gebummelt, kommuniziert (auch auf der Stecke – s. Videos) und sogar einige kleinere Steigungen bewältigt, so dass das Bild von Verbrauch und Zusammenhang mit dem Speed verwässern.

Nur soviel: es deutet sich an, dass man bei Schnitt 25 km/h wohl 65 km, vielleicht 70 km kommen kann.

Und das in 2,5 Stunden, was auf der Holzbank (wer um Himmels Willen hatte die Idee, auf einem Mini-Crosser die Welt zu umrunden….?) kaum zu machen ist. Das heißt man wird in jedem Fall VOR der Diode des Todes nach einer Lade- und Rastmöglichkeit Ausschau halten. Da ich zudem heute die meiste Zeit auf dem Weser-Fernfahrradweg (Warum? Sehts Euch im Video an!!) unterwegs war, war Bummeln bzw. rücksichtsvolles Fahren angezeigt. Das war mal wichtiger als öde Mathematik!

Cornel und Robby von der Jagdwirtschaft zu Holzminden

Cornel und Robby von der Jagdwirtschaft zu Holzminden

Die Strecke: Bückeburg nach Hameln/Kirchohsen. Netter Imbiss für beide bei Imbiss Schaper. Weiter an der Weser und einem AKW vorbei nach Holzminden zur dortigen Forstwirtschaft. Nette Plaudereien mit Ronny und Cornel. So nett, dass ich das Bezahlen vergass. Sorry dafür! Schlussspurt nach Bad Karlshafen. Mit meinen 55 Lenzen der jüngste Gast im Hotel. Kurort, eben.
Heutiges Thema: Wie reagieren die Menschen auf meine beziehungsweise unsere Erscheinung, die Frage um Strom oder beim Plaudern an der Pferdekoppel?
Dazu gibt es drei Phasen:

  1. Erstaunen, Verwunderungen, Verärgerung
    Man kann das, was man sieht, hört oder von mir erläutert bekommt, zunächst nicht einordnen. Die Mimiken drücken Skepsis, mitunter Ablehnung aus. Radfahrer, denen ich heute auf der schönen Ufertrasse weder mein Bike noch mein Vorhaben näher bringen konnte, machten schon mal finstere Mimen. (Man höre auch die Stimme des kritischen Herrn im ‚Lama-Video’!). Das ‚martialische’ Äußere der Quantya erinnert die meisten doch zu sehr an ‚lärmende Stinker’ etc. Doch auch die angesprochenen ‚Stromspender’ gingen irgendwie durch diese Phase. Sie dauerte dann eben nicht sehr lange.
  2. Weich werden
    Wenn erstmal das Prinzip verstanden und/oder meine ‚Mission’ knapp rübergebracht werden konnte, geschieht etwas sehr Bedeutsames – fast wie ein ‚magic moment’. Man kommt näher, will mehr sehen, mehr erfahren, stellt die (üblichen, verständlichen) Fragen nach der – ja – Reichweite, Leistung, Speed etc. Es stellt sich ein Gesprächs-Modus ein, in dem beide Seiten sich auf einmal Zeit nehmen, auch Details werden bemerkt, erklärt.Es ist, als ob von der Quantya etwas ausgeht, das anzieht, ohne Angst oder scheu zu machen. Wie ein zwar unbekanntes, aber potenziell ‚liebes’ Tier, dass man auch gerne mal streicheln will. Aber erst mal wird der ‚Besitzer’ nach mehr Infos befragt. Die Lautlosigkeit wirkt irgendwie auf die Menschen sanft, nett, ohne Arg und Aggression. Man kann sich prinzipiell wie konkret damit beschäftigen und hat ein ‚gutes Gefühl’ dabei. Ich habe mich jetzt auch für einen Namen entschieden. Mein Vehikel hört auf den Namen E-Sel. Wie treffend (s.o.)!So als wenn ‚durch das Quantya’ hindurch etwas schimmert. Die Ahnung einer ganz anderen Art der Fortbewegung, des ‚Verkehrens’? Wo nicht stark gegen schwach, arm gegen reich, groß gegen klein, langsam gegen schnell antreten… Wer weiß. Das wird mich noch beschäftigen. Es ist einfach da, dieser Moment, wenn der Argwohn kippt. NIEMALS hat bisher jemand auch nur gezögert, mir den erbetenen Strom zu geben. Naja in Husum vielleicht. Aber da haben wir schnell eine Lösung dafür gefunden, dass das Kabel nicht quer durch Gaststube und Vorplatz gespannt werden musste.
  3. Vertraut werden
    Verblüffend schnell werden die Gespräche, der Ton und die Mitteilungen vertraulicher, geht es vom Sie zum Du und werden offen und frei Gedanken ausgetauscht. Auch eine Videobotschaft wir so innerhalb von Minuten kurz vereinbart und abgegeben (Hallo Ronny, noch mal sorry für die unfreiwillige Zechprellerei…). Nun könnte ich mir diese Meriten ja als ‚Kölscher Jung’ auch selbst anheften. Von wegen lustiger Typ, kommunikations-freudig etc. Aber ich kenne mich ja auch schon ein paar Jahre und merke deshalb also ganz gut, dass die Quantya so etwas wie ein ‚Medium’ oder Katalysator für diese besondere Nähe und Vertrautheit ist.

Für morgen nehme ich mir vor, etwas zu ‚meinem Fahrgefühl’ aufzuschreiben. Soviel vorweg: Es hat auch was mit ‚sich wie ein Hobbit’ zu fühlen und ‚durchs Auenland’ zu reisen ;-))

Tag 4: ca. 147 kms (57+38+52); 350 Minuten Fahrzeit.
Vorkommnisse: Zwei Bitten an die Industrie bzg. E-Mobilen:
Seid ehrlich, was die Angaben zur Reichweite, Höchst-Geschwindigkeit und vor allem den Zusammenhang zwischen beiden Parametern angeht. Anders als beim Verbrenner, wo schnelles Tanken + sofortiges Weiterfahren (dazu noch praktisch überall) möglich ist, werden die Leute im Falle ‚E’ diese Toleranz nicht aufbringen. Machen in diesem Falle Flunkereien die Runde, heißt es bald: E-Mobilität ist das neue E10 – und auch das wollte keiner!!
Die zweite Bitte an die 2-Rad-Hersteller: Bitte einen geschlossenen Kettenkasten oder Zahnriemen. Wenn schon leise, dann richtig. Kein Vorwurf hier an Quantya – die Dinger sind für die Rundstrecke gedacht und nicht fürs Touren entlang dem Weserufer…

Tag 5 – Bad Karlshafen nach Creuzburg/Thüringen

Werra kommt gut

Werra kommt gut

Werra Incognita
Zum Heulen schön die Tour entlang der Werra nach Creuzburg. Oder flossen gar wirklich ein paar Tränchen hinterm Visier? Kann aber auch der Wind, die Pollen, das Heimweh oder der tägliche Kampf um den Krampf der beanspruchten Muskulatur auf dem kleinen Crosser gewesen sein. Wer weiß.
Wollte ja heute was sagen zum Fahrerleben auf dem Quantya.

Tanken vor der Eisdiele

Tanken vor der Eisdiele

Das ist mit ‚normalem’ Motorradfahren nur annähernd vergleichbar. Viele der besonderen Eigenschaften und geschätzten Features des ‚Mopedfahrens’ gehen dem Quantya – zumindest auf der Strecke – ab. Über Sound und Reichweite wurde schon gesprochen. Haken dran: Sind beide nicht vorhanden. Das eine system-immanent. Das andere systembedingt (derzeit). Durch die erzwungene Langsamkeit auf der Strecke geht fahrdynamisch sehr wenig. Schräglagen bei 30? Geh fott!

Auch die motorischen Eigenheiten sind eher langweilig: Keine wirkliche Leistungskurve, Power am Anfang genau so wie am Ende der Drehzahlskala. Allerdings lassen 38 NM Drehmoment doch aufhorchen. Tatsächlich ist das Quantya in bestimmten Situation in der Lage, auch den ‚Schweinehund’ in mir zu füttern. Beispiel 1: 5 km vor dem Zwischen-Ziel in Bremerhaven und noch den halben ‚Tank’ voll. Ich lasse sie durch die Stadt fliegen wie ein Mountainbike auf Exctasy. Das macht Spaß und lässt im Rückspiegel völlig verblüffte Passanten zurück, die nicht glauben was sie sehen und – nicht – hören…Der E-Sel wird für zehn Minuten eine veritable E-Sau.

Botschaften am Weg

Botschaften am Weg

Beipiel 2: In Hannover-Münden statt durchs Tal aus Versehen erstmal über einen höheren Berg drüber gefahren. Geärgert. War aber zu spät zum Umdrehen. Also hoch und durch. Dann oben eine 6 km Abfahrt angetreten. Ohne ‚Gas’ das leichte Ding fliegen lassen. 70, 75, 80 km/h. Mit stabilem Fahrwerk und guten Bremsen im Gegensatz zu besagten Mountainbike no prob… Diese Momente lassen jubilieren – gerade WEIL man sonst so gesittet, nett und fast meditativ zugange ist.

Wir fordern eine Umgehungsstraße

Wir fordern eine Umgehungsstraße

Damit kann man leben. Mal (kurz) am Quirl drehen, das motorradtypische Gefühl der schwerelosen Straßenfliegerei genießen. Und dann wieder lautlos dahin rollen, wie von einem Gummiband gezogen. Die heutigen Videos auf Contour zeigen hoffentlich gut, wie es sich anfühlt. Keine Hast, kein anderes Bier. Sowas wie ‚Landlust’ als Biken. Man muss es eben mögen, mal ausprobieren. Ich mache jetzt hier keine Werbung (tu ich natürlich doch, allein weil es MIR eben gefällt). Zumindest sollte es – vielleicht bis auf die ‚DB-Killer-Entfern-Fraktion’ – jeder mal für sich ausprobieren. Allein, so wie ich gerade im ‚Auenland’ der deutschen Provence. Als netter, lieber, toleranter und umweltschonender Hobbit. Ich gestehe: I like it. Mit meiner kleinen E-Sau im Gepäck…

Die Tour ging von Bad Karlshafen nach Hannoversch Münden (Tanken bei Eiscafe Dolomiti mitten in der Fußgängerzone!). Dann nach Jestädt bei Eschwege zu den Wirtsleuten von Ebhardts Stadl. Gelandet bin ich dann im Privatquartier bei Frank und Tina in Creuzburg (viel Spaß beim Googeln).

Tag 5: ca. 160 kms (45+55+60); 420 Minuten Fahrzeit.
Vorkommnisse: Zum Heulen schöne Landschaften an der Werra, gute Videobotschaften, Helmkamera freihändig benutzt.

Tag 6 – Creuzburg/Thüringen nach Bad Rodach/Bayern

Weg von der Bundesstraße

Weg von der Bundesstraße

Frank’ und frei! (ein paar Stunden)
Nach 6 Fahrtagen plus Prolog heute in Bayern (nein: in FRANKEN!) angekommen. Ca. 950 Kilometer nach dem Start in List auf Sylt. Im ‚letzten’ Bundesland nach Schleswig-Holstein, Niedersachsen, NRW, Hessen und Thüringen. Wow, Klasse.

Aber auch: Bin schon etwas erholungsbedürftig, ‚durchgesessen’ und müde. Der Körper kann ein gewisses Maß an Anpassung aufbringen, aber sagen wir es so: Gesund und ‚normal’ ist die tägliche Schinderei (ca. 12 h täglich ‚draussen’ davon bis zu 7 h in Fahrt) auf dem schmalen Holz (genannt Sitzbank) allemal nicht.

Jetzt ein paar Stunden Ausruhen bei guten Freunden im Hotel Alte Molkerei in Bad Rodach, dem weltbesten Motorradhotel weit und breit. Morgen geht’s tiefer nach Franken rein, dann weiter ins ‚wahre Bayern’ mit Altmühl, Brotzeit und Kuhglocken (naja, so in etwa). Und alles weiterhin mit einem gefahrenen Schnitt zwischen 25 und 35 km/h.

Ein Wort zur Technik: Chapeau, ihr Schweizer vom Quantya Zentralkommitee!! Alles in Butter, alles hält, surrt, schnurrt und funktioniert (s. Video von meiner Ankunft – garantiert nicht gestellt ;-)).

Auf Thüringens Landstrassen gibts kein Pardon für LANGSAMFAHRER

Auf Thüringens Landstrassen gibts kein Pardon für LANGSAMFAHRER

(Meckermodus an) Leider muss auch noch ein Wort zu Thüringen gesagt werden. Keine Frage: Ein sehr schönes Bundesland (ich sage nur: Werra!!). Aber auch das mit Abstand gefühlt gefährlichste für Langsamfahrer. Kein Seitenstreifen, kein Radweg o. ä. auf bzw. neben den von mir genutzten Land- und Bundesstrassen! Dazu eine Fahrkultur, die ich bislang nirgendwo dergestalt wahrgenommen habe. Es muss so sein: Ein zusätzliches Körperteil ist einigen Einwohnern des Landes gewachsen: Der gemeine Bleifuß. Der schwächere – in diesem Falle ich – hat keine Chance. Er ist zum Abschuss freigegeben… (Meckermodus aus)

Tag 6: ca. 130 kms (45+50+35); 260 Minuten Fahrzeit.
Vorkommnisse: Dem Roadkill in Thüringen knapp entkommen. Bayern kann es da nur besser mit mir meinen und machen.

Tag 7 – Bad Rodach nach Neustadt/Aisch

Auf in die fränkische Hügellandschaft

Auf in die fränkische Hügellandschaft

Lazy Sunday afternoon!
Nach vielen Tagen des Reisens ohne Rasens auf einem Hochkantholzbrett namens Sitzbank heute ein lazy day mit wenigen km.

Aber der E-Sel und Ich haben bereits 1.000 km geschafft. Das ist stark, finde ich. Muss man erst mal bringen!! Wir freuen uns und sind stolz drauf. Jeder für sich und auf seine Weise.

Die Kalkulation, die ich während der heutigen Fahrt in die Helmkamera brüllte, ist still gesprochen die folgende:
Wir sollten ein weiteres Maß einführen, um die Leistungen (sprich: Reichweite – schon wieder) von Fahrzeugen, die mit Elektrizität unterwegs sind, vergleichen zu können.
Vorschlag: mögliche Kilometer pro Kilowattstunde. Dann fällt die Hin- und Her-Rechnerei bei unerschiedlich grossen Batteriekapazitäten weg. Klingt doch plausibel, oder?

Meine Werte (es gibt grob 3 verschiedene, je nach dem, wie man es angeht):
Schleichfahrt: >= 20 km/ kw/h
Mischbetrieb: ca. 15 km/ kw/h
Leistungsbetrieb: Damit ergeben sich die bereits genannten Reichweiten bei meinem 2,5 kw/h Akku:
Max.60, max. 40, max. 25 km
Tja: Damit kann man also nun verschieden große Akkus vergleichen.
ODER: Die Glaubwürdigkeit von Herstellerangaben mal testen.

Gruppe scheuer Holländer in Bamberg

Gruppe scheuer Holländer in Bamberg

Beispiel: in der neuen Ausgabe von Motorrad (11/11) wird ein kanadisches E-Rennmotorrad (Lito Sora von der Firma Lito Green Motion) vorgestellt, welches angeblich 200 km/h schaffen soll. Dazu kommen behauptete 300km Reichweite bei 12,5 kw/h Akkukappazität. Die 200 km/h glaube ich ohne weiteres. Aber wie sollen die 300 km zustande kommen? Probe drauf: 300 km wären nach der obigen Formel 24 km/ kw/h. Das entspricht aber meinem extremen Schleichfahrt-Wert (an der absolut obersten Grenze!!). Dabei ist die Maschine aber sicherlich doppelt so schwer wie das Quantya (alleine der Akku käme ja auf 75-90 kg). Nun ja, das Fahrergewicht spielt bei mir eine leider etwas unrühmliche Rolle und sollte zugunsten eines fairen Vergleiches dagegen gesetzt werden. Auch Aerodynamisch sollte so ein Renner besser dastehen als eine umgebaute Enduro mit dickem Mann drauf und Gepäck vorne und hinten.

Legen wir also meinen ‘Mischbetriebindex’ von max. 15 km pro kw/h zugrunde, käme die kanadische Granate auf (aller-)höchstens 200 km Reichweite. Und wenn auch nur einmal für 5 Minuten die 200 km/h gefahren würden, garantiere ich für lustiges Steckdosensuchen nach sehr kurzer Zeit, eventuell bereits unter 100 km Fahrstrecke. Und dann käme ein 2. Problem – eigentlich sogar gravierenderes hinzu: für eine Volladung von 12,5 kw/h braucht die Maschine mit der Monsterbatterie an einem Haushaltanschluss viele Stunden (so 8-10h); nach meiner üblichen Ladezeit (90-120 min.) könnte auch dieser Säbelzahntiger der Elektrobewegung mit mir und meiner Quantya zusammen nur auf dem Radweg mit 30 km/h den Heimweg antreten. Nettes Bild. Aber so ist das eben derzeit…

Nix sagen möchte ich jedoch gegen die generelle Existenz von Experimentalmaschinen oder Rennsemmeln auf Ampère-Trip. Das bringt neue Erkenntnisse und die Sache vielleicht weiter. Und: es werden in diesem besagten Beitrag noch zwei weitere sehr interessante Informationen geliefert: die Maschine habe ein automatisches Getriebe (hat sie eventuell sogar ein modernes Doppelkupplungsgetriebe (DSG) an Bord…?) und das Motormanagement korrespondierte mit einem GPS-Navi und stellt selbständig fest, ob der Saft für eine eingegebene Strecke reicht. Gerade letzteres habe ich mir während der Tour auch oft gewünscht! Eine Art ‚Range-Assistent’ bzw. ‚Integrierten Range Manager’, der sich an meiner Statt Sorgen über das weitere Vorankommen macht – nämlich die, obs mit dem ‚Saft’ denn nun reicht oder nicht. Verbunden mit einem Internetzugang könnte dieses System außerdem die nächste verfügbare Steckdose identifizieren (zum Beispiel in einem Verzeichnis von freundlichen Steckdosen-Bereithaltern entlang der Strecke) und mir sogar eine reservieren, sodass diese auch zugänglich und frei wäre. Also, Kanadier – ihr seid auf dem richtigen Weg!! Und die 300kms schaffen wir dann bald auch bei Topspeed ….und die ca. 30.000 Euro für euer Superteil sparen wir ab heute an! www.litogreenmotion.com

Tag 7: ca. 125 km (51+44+30); 300 Minuten Fahrzeit.
Vorkommnisse: Während der Fahrt so manches hin- und hergedacht und dabei die ruhige fränkische Hügellandschaft betrachtet. Und Robert aus Los Angeles hat mir in der Bamberger Altstadt das erste Statement auf Englisch gegeben. Reinhören!

Tag 8 – Neustadt/Aisch nach Dollnstein/Altmühltal

Goldene Sonne in Herriden

Goldene Sonne in Herriden

Schluß mit lustig!?

Fränkisches Hochland
Ganz frische Nachricht für uns ‘EMile’ aus den Medien heute.
Sie lautete: Die Bundesregierung will bis 2020 1 Mio E-Mobile unters Volk bringen – dafür werden 1 Mrd € bereit gestellt.

Frage: Ist E-Mobilität denn nun attraktiv, Herr Grüne?
Verglichen mit der Verbrenner-Technik erstmal praktisch gar nicht. Dem niedrigen Strom- und damit Verbrauchspreis stehen derzeit noch exorbitante Kosten in der Anschaffung sowie die bereits geschilderten Probleme mit der Reichweite, vor allem im Zusammenhang mit höheren Geschwindigkeiten gegenüber. Will man das mit größeren Batterien kompensieren, steigen das Maschinengewicht sowie vor allem die ebenfalls problematische Ladedauer ins schier Unerquickliche. Und normale Haushaltanschlüsse (‚Steckdosen’) vertragen keine Schnellladung – da sind Nachbesserungen und Aufrüstungen nötig. Alles sehr unattraktiv.

Kann also die E-Mobilität wirklich nichts besser?
Die Beschleunigungs-Werte sind dank günstigem Drehmomentverlauf sehr gut. Das ist wirklich ein Plus! Aber: Zu oft oder zuviel beschleunigt – Akku leer….

Was tun? Wo liegen trotzdem Chancen?
Als Nische für Pendler, welche wirklich IMMER nur die gleiche Strecke fahren (zur Arbeit) oder solche Fahrer und Fahrerinnen, die wissen, dass ihr Revier ausschließlich die Innen-Städte und/oder die Peripherie von Großstädten ist. Oder als Zweirad: Für Sportler im Bereich Cross, Trial und Enduro, denen man Parcours um Parcours wegnimmt wegen Lärm- oder sonstiger Umweltbelastung. Und die nun ihren Sport sogar direkt neben Wohngebieten austragen können – siehe die Quantyaparks (neuerdings: Brammo-Parks), die in mehreren Regionen in Deutschland entstanden sind.

Sonnenblumen, die zu viel Sonne bekommen haben

Sonnenblumen, die zu viel Sonne bekommen haben

Sehen Sie weitere Zielgruppen?
Ich habe auch mit jungen Menschen auf meiner Tour gesprochen, diese aber nicht gefilmt, wegen des ‚Onkel-Dittmeyer-Syndroms‘. Die fanden gerade die Kombination aus ‚martialischem‘ Aussehen und leisem, unauffälligem Auftritt bei der Quantya ausgesprochen cool. Da steht natürlich noch der hohe Preis dagegen, dies kann sich aber in absehbarer Zeit ändern. Dann wären junge Leute sicherlich eine Zielgruppe für (kleine) elektrische Motorräder…

Was ist der Knackpunkt bei der Sache? Warum sehen Sie Probleme ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo die Regierung ‚Gas’ gibt und hohe Beträge bereitstellt?
Das werde ich noch weiter bedenken und formulieren müssen. Eines steht für mich fest: Aufgrund der bereits geschilderten Eigenschaften und Handicaps ist die E-Mobilität nicht einfach eine Fortführung unserer jetzigen ‚Verkehr-Form’ mit anderem Energieträger. Sondern wirklich eine alternative Mobilitäts-Form. Dem muss Rechnung getragen und in den Konsequenzen verstanden werden. Das könnte jedoch zugleich die große Chance sein! Die Verbrennungs-Technologie ‚lebt’ ja auch von einer starken Emotionalisierung. ‚Benzin im Blut’ haben ja bekanntlich die Leute, welche für Autos und Motorräder schwärmen. Dies geht der E-Mobilität ja noch weitgehend ab – abgesehen vielleicht von Einzelkämpfern, Tüftlern und Umweltaktivisten.

Altmühltalweg

Altmühltalweg

Es fehlt also an…
…so etwas wie – entschuldigen Sie bitte den Kalauer – E-Motionalität! Also an einer Attraktivität, die man NUR bei dieser Form des Mobilseins erleben darf – wie etwa bei Verbrennern die legendären Motor-Typen (V8, Reihen-Sechser, Boxer etc.) oder die typischen emotionalisierenden Designs: Käfer, Ente, Fiat 500, Neu-Elfer– eben nur jetzt mit einer ganz typischen Formen- und Ausdruckssprache in der Tonart E – bzw. der ‘E-Welt’.

Herr Grüne, Sie wirken ein wenig müde oder gar genervt…
Es war ein Tag mit vielen Kilometern und sehr viel Wind und Kälte. Ich bin durch, wie man sagt. Eventuell würde ich ein andermal auch wieder freundlicher sprechen über all diesen E-Kram.

Dann hören wir hier mal für heute auf!

Tag 8: ca. 168 kms (33+53+51+31); 370 Minuten Fahrzeit.
Vorkommnisse: Mit gemischten Gefühlen die Nachricht vernommen, dass bis 2020 eine Million E-Mobile in Deutschland fahren sollen (derzeit knapp 2500!). Und dass dies mit einer Milliarde Euro gefördert wird…

Tag 9 – Dollnstein/Altmühltal nach Utting/Ammersee

Alpenblick, trüb

Alpenblick, trüb

Alp- oder Alpentraum?
Morgen könnte der große Tag sein. DPS könnte das selbstgesteckte Ziel erreichen: den Eibsee am Fuße der Zugspitze! ‚Könnte’: Es darf eben keine Kette reißen, irgendwas platzen, die Batterie einen Kurzschluss bekommen etc. Nein nein! Never ever! Darfse nicht.

Es kann also ein Alpentraum werden. Die Alpen waren heute schon mal zu sehen. Etwas fern, diesig noch. Aber auch: erhaben, wuchtig. Alpen eben! Sehe das gerne.

Quartier in Dollnstein

Quartier in Dollnstein

Gestern: Altmühltal: Teuchlingen, Herrieden, Pappenheim(!) und Dollnstein. Dreamroute entlang des Flusses. Offroad bis in die Dämmerung. Dollnstein ein mittelalterlicher Traum. Komplette Stadtmauer drum herum, innen drin schwere, große Bayernhäuser. Wow.

Heute dann: Die Donau. Symbol der Südlichkeit in Deutschland. Auf der Brücke kurz verharrt und an Sylt, den Abschied dort von der Frau und den langen Weg bis hier gedacht. Starke Gefühle. Elektrisierend.

Let's rock the course!

Let's rock the course!

Weiter nach Augsburg: Den dortigen Quantyapark besucht. Schnelladung bekommen und nette Menschen getroffen. Martin Gutmann von der Park-Betreiber–Company sowie Gerald Marimon von den Managern on Motorbikes (MoMs), einer rührigen Community im XING-Netz mit bereits über 10.000 Mitgliedern!! DPS öffnet Türen, Herzen und schafft neue Freundschaften. Was will man mehr. Grüsse und viele Dankes-Gedanken an Martin und Gerald. Später gab mir G. noch Geleit durch Augsburg. Eine Yamaha FZ1 fuhr Eskorte vor der Quantya – beide mit V-Max 40km/h. Gibts so was in normal?

Carmen und Evi - Duo Phänomenal

Carmen und Evi - Duo Phänomenal

Wenig später der Tageshammer: Fahre durch Wald und Feld die Lech-Ebene südlich, der Strom wird knapp und eine Telefonkonferenz soll in 8 Minuten beginnen (Arbeit geht immer vor!). Den nächsten Ort angesteuert, in die örtliche Metzgerei gestürmt, meinen Strombedarf artikuliert und zugleich angedeutet, dass auch ich ‚tanken’ – sprich was essen und trinken – wollte. 5 Minuten später steht das E-Sel suckelnd am Kabel, ich habe einen Cappucino vor mir stehen und Punkt 16 h kann ich telefonisch konferieren. Davon kann sich manche offizielle Tankstelle eine Scheibe abschneiden. Tausend Dank für diesen sensationellen Pit-Stop an die Damen der Metzgerei Feicht in Prittriching bei Landsberg am Lech. Danke an Carmen und Evi!

Jetzt also Ammersee. Hotel Wittelsbacher Hof zu Utting. Endgültig Süden. Bayern und Brotzeit. Hellbier. Es geht auf die Ziellinie zu. Am Freitag dann der Epilog: 12:45 h Auffahrt mit der Zugspitzbahn vom Eibsee nach dem Zugspitzplatt und weiter zur Gipfelstation. Es ist kaum zu fassen, aber es kann gelingen!

Tag 9: ca. 155 kms (43+47+42+23) 310 Minuten Fahrzeit.
Vorkommnisse: Den sensationellsten elektrischen Pit-Stop der jüngeren Geschichte der Elektromobilität hingelegt

Frage mich zudem: Bin ich der Finder oder Erfinder des elektrischen Reisens?

Tag 10 – Utting/Ammersee nach Eibsee

Fahren mit Hoch-Gefühl. Die Bergkette der Wettersteine mit dem höchsten Berg Deutschlands – der Zugspitze – mittendrin im Blick fahre ich an der Loisach entlang Richtung Garmisch-Partenkirchen. Das Wetter ist zum Niederknien: warme flirrende Luft, blauer Himmel mit ein paar Schmuckwolken, ein Maitag wie ein Wunschkonzert. Und dieses wird von keinem Motorgeräusch gestört. Jedenfalls nicht von uns. Jedoch von gefühlten 100 LKWs pro Stunde, welche die Bundestrasse 2 zu ihrem Heimatrevier erkoren haben. In einem Biergarten direkt an der Strasse sitzend, auf das Auftanken des E-Sels wartend, versucht mir ein Einheimischer von den Qualen des ständigen Lärms zu berichten. Leider höre und verstehe ich kaum etwas: der Krach der Fahrzeuge ist infernalisch, sein heftiger Dialekt ist mir in den wenigen Lärmpausen auch wenig hilfreich. Aber sein Anliegen ist auch so klar: wer stoppt diesen Wahnsinn?? Für ihn wäre eine Welt, deren Mobilität elektrisch daherkommt, eine Lösung. Eine E(r)-Lösung. Sonst bleibt ihm nur die Resignation oder die Emigration. Nur dass ihn woanders wohl kaum jemand verstünde. Ich bedauere den netten Kerl, der als Fortschrittsopfer zur falschen Zeit am falschen Ort lebt. Eine Art roadkill, wo die Beute am Leben bleibt.

Meine Fahrt ist nicht mehr aufzuhalten. Garmisch zieht vorbei, kurz überlege ich noch mal vollzutanken, aber der Drang die 13Kms zum Einbsee in ‚einem Rutsch’ zu schaffen ist übermächtig. Und wenn ich Schritt-Tempo fahren müsste – ich will jetzt da hoch.

Schritt muss ich gar nicht mehr fahren. Als ob auch der E-Sel es verspürt: er zieht und drängelt nach oben, und mit noch mehr als einer lebenden Diode erreichen wir unser Tourziel, das Hotel Eibsee im Schatten des großen Berges.

Tag 10: 81 Kilometer (45+36) 170mins Fahrtzeit
Vorkommnisse: Freud und Leid sehr nahe bei einander erlebt. Tour beendet.

Tag 11: Eibsee – kein Tag wie jeder andere.

Der Donnerstag, der ein Frei-Tag war
Heute ‚nur’ Wandern statt elektrisch Reisen.

Zunächst mal eine wichtige Durchsage!
Wem zu danken ist:

Nämlich allen Stromspendern und netten Leuten unterwegs, die sich ALLE Zeit nahmen, um mir bzw. dem Fahrzeug zum ‚Auftanken’ zu verhelfen. Danke euch Pionieren der Strom-Mobilität!!

Meiner lieben Frau Debora Leonartz-Grüne.

Meinen Kollegen von rheingold, die mich unterstützt und angetrieben haben.

Vor allem Thomas Kirschmeier, der die ganze Tour PR-mäßig begleitet hat.

Den Jungs von barracuda digitale Agentur, die die Fahrt web-technisch aufbereitet haben und es sich nicht nehmen ließen, nach Garmisch zu reisen und mich dort auf meinem letzten Etappen-Stück nach ‚oben’ zu begleiten. Danke an Oliver Zeisberger, Carsten Wawer und Philipp Müller.

Den Verantwortlichen der Zugspitzbahn, der Zugspitz-Gondel sowie dem Zugspitz-Plateau. Sie machten das schier Unwahrscheinliche möglich: wir durften bis GANZ HINAUF!!!

Oliver Raukohl vom Quantyapark Unna, Martin Gutmann vom Quantyapark Augsburg,
Gerald Marimon von den ‚Managers on Motorbikes’ (MoMs) und allen anderen, die mich via Facebook, emails und der www-Seite bestärkt und ermutigt haben, diese Fahrt anzutreten und durchzuhalten. Wenn dies auch manchmal mit heftigen Schmerzen verbunden war….

Mein Eibsee-Zwischenfazit:
E-Mobilität rockt. Sie hat eine eigene Charakteristik und bietet einen anderen Modus des Vorankommens: Gleiten, Gezogen-Werden, stressabbauende Ruhe etc.
Sie sollte nicht in direkter Konkurrenz mit der Verbrennung gesehen werden: in einigen Parametern überlegen (Verbrauch, Beschleunigung), in anderen aber nicht gleich(-wertig): Reichweite, Ladezeit.
E-Mobilität kann sehr gut eingesetzt werden in urbanen Räumen – wenn die Verbraucher Interesse haben, ein Fahrzeug NUR für diese Belange (Einkaufen, Kurzweg-Pendeln) zu erwerben. Junge Leute haben Gefallen an der ‚coolen’ Charakteristik, wenn sie mit ebenso coolem Aussehen (als Crosser, sportlicher Roller) verbunden ist. Als ‚PKW-Ersatz’ oder auch ‚Motorradersatz’ stehen die E-Mobile nicht so gut da. Je schneller sie fahren, um so schneller sind sie ‚leer’ und zeitweise unbrauchbar. Nicht der Reichweiten-Wert ist das Thema. Der eigentliche ‚Skandal’ ist, sich überhaupt mit Reichweite beschäftigen zu müssen. Und damit generell verbunden mit denjenigen Eigenschaften seines Vehikels, über die man sich in der ‚Verbrennerwelt’ überhaupt nicht kümmern muss! Eine konventionelle ‚Tankpause’ erscheint gegenüber den ‚Ladezeiten’ einer E-Mobils vernachlässigbar kurz – etwa wie ein Boxenstopp bei der Formel1! Dieses Manko könnte ein ‚Range-Assistant’ teilweise aufheben – ein integriertes Managment zur Sicherstellung der Mobilität, bestehend aus Bordelektronik, GPS und Internet. Grundsätzlich wird es an den Nachteilen gegenüber den ‚Verbrennern’ jedoch nichts ändern. Hier müssen technische Entwicklungen, aber auch ‚Werbemaßnahmen’ FÜR die E-Mobilität ansetzen. Letztere sollten die emotionalen, beruhigenden und entspannenden Eigenschaften der E-Mobilität herausstellen. Ganz so, wie es der Autor bei seinem ‚elektrischen Reisen’ erleben durfte!

Tag 11: ca. 8 kms; 130 min Gehzeit einmal um den Eibsee rum
Vorkommnisse: Ein Zwischenfazit gezogen, von dem ich hoffe, dass es den Punkt, den ich machen wollte, trifft.

Tag 12: Das ist der Gipfel (Zugspitze 2962m ü. Mh.)

 

Die Bilder deuten es an: es war ein Spitzen-, ja ein Gipfeltag. Mit Hilfe meiner Frau Debora sowie den barracuda-Männern Oliver, Philipp und Carsten gelang es, die drei Stationen des senkrechtren Aufstiegs von der Eibsee-Station zur Zugspitze zu bewältigen: Zahnradbahn, Gondelbahn und zu guter letzt ein ganz profaner Aufzug zum Gipfelplateau! Mit einigem Schwung, etwas Schieben, Zerren oder Hochkantstellen konnte der E-Sel bis zum höchsten Punkt der Republik mitgenommen werden. Und hier ein Geständnis: obwohl es strikt untersagt war, konnte ich nicht umhin, einige Meter (in sicherem Abstand von der Abzäunung zur Absturzkante) das Quantya mit eigener Kraft zu bewegen.

Womit wohl ein weitere Rekord gebrochen wäre: die höchste E-Fahrt Europas ever (neben der DPS als solche sowie dem Transport des Motorrades auf die Gipfelstation ‚an sich’).

Hier jetzt weiter die Hochgefühle zu beschreiben, welche mich und meine Begleiter erfassten ist müßig, weil kaum vermittelbar. Bis auf eines: DPS hat mein leben sicherlich ein wenig geprägt und auch verändert. Und dazu hat ein kleines elektrisches Motorrad seinen Beitrag geleistet. Und welches Fahrzeug – könnte es denn reden? – kann dieses schon von sich behaupten?

Tag 13 und folgende: Wie ging, wie geht es weiter?

Seit dem 21.5. 2012 sind jetzt gut 10 Monate vergangen. Es wurden einige Vorträge zu DPS oder artverwandten Themen wie Energie-Nutzung in Krisenzeiten gehalten. Zudem bersten die Medien von berichten über neue Vorhaben der Regierungen, neue Modelle der Autobauer (manchmal auch Motorradbauer) und neue Konzepte des integrierten Verkehrs.

Die generellen Einsichten und Eindrücke, die ich bei der DPS Tour gewonnen habe, sind weiterhin gültig: E-Mobilität ist kein Verbrenner-Ersatz, die Akte Reichweite ist weiterhin hochaktuell und kann nicht geschlossen werden usw. Die von mir empfundenen positiven Aspekte des elektrischen Bewegens: Entschleunigen, Beruhigen, Entspannen, Ver-Harmlosen sind weiterhin vorhanden, werden aber ‚draussen’ kaum erwähnt geschweige denn betont propagiert. Es zeichnet sich ab, dass erste Rückzieher kommen werden. So hat General Motors die Produktion seines Automodells ‚Volt’ (Baugleich mit dem Opel ‚Ampera’) mangels Markterfolg bereits gedrosselt und denkt vielleicht schon über die Einstellung dieses E-Fahrzeugs nach. Elektromobilität wird – so steht zu befürchten – vielleicht den gleichen Weg nehmen wie gasbetriebene Fahrzeuge oder aber der Brennstoff E10 – netter Versuch , aber untauglich als Massen- und Mengen-Lösung. Schade eigentlich. Ich bin der Meinung, mit intelligenten Produkten, einem klugen, mit treffenden Bildern arbeitenden Marketing sowie einer Abkehr vom Ziel, ernsthaft den Verbrennern den Rang ablaufen zu können, hätte die E-Mobilität eine Chance. Als light-Version der Mobilität. Mit Autos oder Zweirädern, die eher aussähen wie Golf-Karts, TucTucs oder aber Retrorollern (gibt es alles schon, allerdings von Kleinst-Anbietern….). Ein dem alten Trabbi nachempfundenes Klein-Auto unter 500kg Gewicht mit einem 10KW-Motor und 10KW/h starker Batterie hätte vielleicht bessere Chancen als Dritt-, Zweit- oder aber sogar Erstfahrzeug (für die Überzeugungstäter). Ich werde am Ball und an den Elektroden dieser Entwicklungen bleiben. Lesen sie gerne mehr darüber unter http://www.facebook.com/deutschlandpersteckdose!

Heinz Grüne
Köln, den 14. März 2012

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